Tag 32-37 – Golden Week

Tag 32-37 – Golden Week

Das erste Drittel meiner Japanreise ist bereits vorbei und es stand eine etwas besondere Woche an. Nicht dass ich an diesen Tag großartig was unternommen hätte. Aber es war Golden Week, eine Woche in der in Japan mehrere Feiertage zusammenkommen und für fast eine Woche Urlaub sorgen – so weit man einen Bürojob hat. Für Geschäfte und andere Branchen ist die Golden Week nämlich ihre beste Zeit. Es ist quasi das uneheliche Kind von Pfingsten und Black Friday. Erste Ausläufer davon hatte ich ja vermutlich schon am Montag erleben dürfen.

Dienstag: Klassische Kunst im Meiji-Schrein

Am Dienstag hatte ich mal wieder einen guten Grund zu Fuß zum Yoyogi-Park, bzw. zum dortigen Meiji-Schrein zu gehen. Am Nachmittag fand dort nämlich eine klassische Musik- und Tanzdarbietung statt. Ich war im Vorfeld etwas unsicher, ob ich wirklich vorher noch etwas essen gehen soll, oder ob ich dann zu spät dran bin, um einen guten Platz zu bekommen.

Ich war allerdings sogar mit 45 Minuten vor der Vorstellung etwas zu früh dran, wartete aber am Ende eine gute halbe Stunde vor der Bühne in der prallen Sonne, um meinen guten Platz zu behalten. Es hat sich am Ende aber echt gelohnt. Zum Klang klassischer Trommeln und Shamisen gab es zwei Tänze, die jeweils gute 10-15 Minuten dauerten. Hier merkt man doch den Unterschied von Europa zu Japan. Auf deutschen Mittelaltermärkten ist die Authentizität eher zweitrangig (aber es ist trotzdem klasse!), in Japan wird die Historie dann aber über die Tempel deutlich akurater nachempfunden. Davon möchte ich euch bewegte Bilder natürlich nicht vorenthalten.

Mittwoch: In vollen Zügen nach Ikebukuro

Nach Achterbahnen und Tempelausflügen wurde es mal wieder Zeit für etwas Innenstadt-Feeling. Ich wollte mal den Lashinbang in Ikebukuro aufsuchen und bin darum über Shinjuku gemütlich dorthin. Amüsanter Twist: Die U-Bahn die bei mir in der Gegend mehr oder weniger anfängt hat Ikebukuro als Endstation – allerdings über einen SEHR großen Umweg durchs ganze zentrale Tokio. Dabei ist es Luftlinie und somit per Umstieg kein langer Weg. Hier merkte ich die Golden Week: Es gab keine Rush Hour mehr, weil die Linien nach Ikebukuro offenbar zu jeder Zeit voll waren. Entsprechend wurde der Rucksack vor dem Betreten der Bahn wieder auf den Bauch gedreht, um niemanden ungewollt umherzuschubsen.

Wirklich was für mich gefunden habe ich in Ikebukuro nicht, aber das macht nichts. Ich fand es trotzdem spannend wieder am 10-stöckigen Animate vorbei zu gehen. Für mich war der Laden schon bei meinem Besuch viel zu voll, doch nun standen die Leute sogar ein wenig vor dem Laden an, um überhaupt zur Rolltreppe nach oben zu kommen. Auch hier merkte man also die Golden Week sehr deutlich und ich war froh, an diesem Tag ohnehin nicht dort rein zu wollen.

Für meine täglichen Schritte ging ich dann von Ikebukuro zu Fuß zurück und sparte mir so auch eine erneute Fahrt in vollen Zügen. Dabei ging ich weitgehend entlang einer Haupt-Verkehrslinie für Autos, die trotzdem angenehm wenige Ampeln hatte und wohl eher als Verbindungslinie zwischen verschiedenen Zentren der Stadt diente.

Donnerstag: Midori no hi (Tag des Grüns)

Der Donnerstag ist ein Feiertag der als Verbindungstag zwischen seinen beiden Nachbartagen geschaffen wurde. Der Midori no hi, übersetzt „Tag des Grüns“ ist ein Feiertag der die Natur preist. Entsprechend bin ich nach Kichijoji, um den Inokashira Park zu besuchen, der in Tokio bislang zu meinen Lieblings-Parks zählt.

Natürlich war ich nicht der einzige, der an diesem Tag auf die Idee kam. Schon der Weg zum Park war mächtig voll, wenn auch bei weitem nicht so schlimm wie manche Videos beliebter Ziele japanischer Touristen, die ich auf Twitter gesehen habe. Zum Glück verliefen sich die Massen im Park auch wieder etwas. Trotzdem war der Park um Welten voller, als bei meinem ersten Besuch.

Später ging ich noch ein bisschen durch die Einkaufsstraßen und entdeckte einen Stand für Taiyaki – gefüllte Küchlein in Fischform. Sie hatten sogar welche in Karpador-Form. Ich kaufte mir sowohl den Klassiker mit süßer Paste aus roten Bohnen, als auch einen Karpador-Taiyaki mit Vanillecreme-Füllung. Nachblickend hätte einer auch ausgereicht, da die doch überraschend sättigend zum kleinen Preis sind. Aber so hatte ich zumindest das klassische und etwas modernere Taiyaki-Erlebnis.

Freitag: Samurai und ein absurdes Fest in Fuchu.

Der Freitag sollte das Highlight der Woche werden. Dafür habe ich die Tage zuvor sogar ein paar Überstunden geschoben, um rechtzeitig ins Wochenende starten zu können, das an diesem Tag schon so einiges für mich bereit hielt.

Zunächst ging es zurück zu einer mir bereits bekannten Bahnstation: Kameido. Dort sollte eine gewisse Parade vorbeikommen. Zum Glück blieb mir noch ein bisschen Zeit für ein spätes Mittagessen. Da ich hier schon einmal war, wusste ich, dass es meinen liebsten Billig-Italiener auch hier ganz in der Nähe der Station gab und gönnte mir erstmal wieder ein bisschen Pizza.

Anschließend ging es auf eine Brücke über einer Straße, die ganz offensichtlich Teil der stattfindenen Prozession war – denn die halbe Straße war bereits polizeilich abgeriegelt. Hier wollte ich auf die Ankunft warten. Und dann kamen sie: Miko, Samurai und weitere Personen in Kleidung und mit angsteinflößenden Waffen. Schnell merkte ich allerdings, dass der Blick aus der Nähe dann doch deutlich besser war, als der Ausblick von einer Brücke auf die an sich eher beschauliche Parade.

Es war nicht so, dass nichts an der Straße loswäre. Da waren einige Zuschauer und vor allem die als Samurai verkleideten waren mehr als bereit, ein bisschen mit den Zuschauern zu schäkern. Dennoch war es in Anbetracht der Golden Week dann doch noch überschaubar und man kam irgendwie an den Massen vorbei, um wieder vor der Prozession zu landen. Fürs nächste Jahr kann ich nur sagen: Ein absoluter Geheimtipp für ein interessantes Fest, dass noch nicht überlaufen ist. Und es ist auch noch inmitten Tokyos.

Dennoch hatte ich leider nicht viel Zeit für die kleinen Geschehnisse drumrum, weil auf mich noch eine größere Festlichkeit wartete, für die ich noch über eine Stunde in der Bahn sitzen sollte. Es ging nach Fuchu, einer Stadt am Rande Tokyos, wo schon seit Tagen ein großes Fest in Gange war, das an diesem Tag seinen Höhepunkt erleben sollte. Die Strecle war mir wohlbekannt, da ich im Zug Richtung Takaosan saß. Die Strecke nahm ich sowohl für die Besteigung des Berges, als auch auf dem Weg ins Fuji Q-Highland.

Kurayami Festival in Fuchu

Vermutlich kam ich zur genau richtigen Zeit. Als ich beim Okunitama-jinja-Schrein ankam, war die Polizei gerade dabei den Weg zum Schrein abzusperren und ich ergatterte einen Platz nahe des Weges zum Schrein. Es dauerte nicht lange, da begann eine Prozession in Richtung des Schreines. Hundertschaften an aktiv teilnehmenden kamen heran. Sie kamen von links rechts und von vorne aus den zulaufenden Straßen. Es war eine Freude die Hingabe in den Gesichtern zu sehen und die schiere Masse war schon beeindruckend. Allerdings: Auch wen Fuchu wie ein Teil Tokyos wirkt: Die Stadt alleine hat auch bereits über 200.000 Einwohner. Kein Wunder also, dass dieses Fest so viele Teilnehmer hat.

Danach war es erstmal ruhig. Erst um 18 Uhr, gute 30 Minuten später sollte das Highlight des Fests beginnen. Mein Platz wurde zunehmend unbequemer, da doch mehr und mehr Leute von hinten drängten. Aufgeben wollte ich meinen guten Platz aber natürlich nicht.

Um 18 Uhr hätte ich nicht einmal auf die Uhr schauen müssen. Kanonenknalle erschütterten vermutlich ganz Fuchu. Von der Lautstärke konnten zumindest selbst polnische Böller eindeutig einpacken. Ich glaube es waren gut drei dieser Kanonensalven, ehe man erstmals Schläge gewaltiger Trommeln hörte. Ich schaute mich aufmerksam um, aber entdeckte noch nichts. Es sollte 10-15 Minuten dauern, ehe die Quelle der Trommelschläge erstmals sah.

Riesige Trommeln auf Wagen, darauf Personen, welche die ziehende und trommelnde Menge unter sich anfeuern wurden in Richtung der Straßen gezogen. Es war ein unglaubliches Gefühl diese mächtigen Trommeln, auf denen mehrere Menschen standen, begleitet von einer Hundertschaft weiterer Teilnehmer an einen vorbeiziehen zu sehen – und zu hören!

Ich glaube erst nach der viertel Trommel sah ich dann irgendwann auch den ersten von mehreren Mikoshi – transportable Schreine, die von mehreren Dutzend Personen getragen werden – an mir vorbeizog. Allmählich löste ich mich von meiner Position, denn immer mehr schien das Spektakel auf die Hauptstraßen der Stadt verlagert zu werden, von wo man aus allen Enden die donnernden Trommelschläge vernahm.

Festival-Futter zum Schnapper-Preis

Es war natürlich trotzdem brechend voll, aber ich konnte mich mittlerweile erstaunlich gut aus meinem Beobachtungsposten rauslösen. Dennoch standen entlang der Straßen tausende Zuschauer, die das wahnsinnige Spektakel verfolgten. Auch ich gönnte mir noch einige Einblicke aus nähster Nähe. Es ist einfach unglaublich, wie die Japaner als Teil eines solchen Festes völlig andere Menschen werden. Es hat ein bisschen was vom Karneval, wo aus den drögen Kölnern wahre Feierbiester werden.

Auch wenn noch immer Trommeln und Schreine an mir vorbeizogen, wurde meine Aufmerksamkeit langsam auf die Stände im Garten des beim Okunitama-jinja gelenkt. Es war unglaublich, wie voll diese Gassen zwischen den Ständen waren. Diese waren aber trotzdem so zahlreich, dass die Wartezeit am einzelnen Stand überraschend gering war. Ich gönnte mir Yakisoba – gebratene Nudeln, unter anderem mit rotem, eingelegten Ingwer.

Darum gönnte ich mir auch noch Kakigori. Das ist quasi Crushed Ice, nur noch mehr crushed und wahlweise mit diversen Sirupen übergossen, die dem Eis einen schönen Geschmack verleihen. Ich weiß nicht, ob es speziell an diesem Stand lag, aber da das Eis so grob gecrushed war, dauerte es doch eine ganze Zeit, bis ich damit fertig war.

Zumindest das Eis genoss ich dann aber mit Blick auf die Schreine, um die ein scheinender Wettkampf stattzufinden schien, der sie entlang der Straße nach links und rechts taumeln ließ. Gegen 20 Uhr beschloss ich dann aber langsam den Heimweg anzutreten. Zwar sollte um 22 Uhr noch ein Bogenschießen zu Pferd stattfinden, doch zum einen glaubte ich nicht, dass ich dafür Zugang erhalten würde und zum anderen musste ich eben auch irgendwann zurück – auch wenn die Schreine erst irgendwann in den frühen Morgenstunden zurück zum Schrein finden sollten.

Da der ganze Platz für die endlosen Stände nötig war, gab es allerdings keinen wirklichen Raum für Sitzplätze. So aß ich meine Nudeln, wie viele andere, in einem „ruhigeren“ Bereich im stehen. Das war wirklich eine ziemlich großzügige Portion für nur 500 Yen, was keine 3,50€ sind. Ich bin immer wieder erstaunt, wie günstig Essen in Japan sogar in Freizeitparks und bei Festivitäten ist.

In Erinnerung bleibt mir dennoch ein wirklich außergewöhnliches Fest einer Stadt am Rande Tokyos, die kulturell ganz eindeutig auf eigenen Beinen Stand. Was ich erlebte war nur ein Highlight von vielen von mehr als einer Woche an großartigen Ereignissen. Ich weiß jetzt, warum das Kurayami-Matsuri als eines der faszinierendsten Festivitäten Japans gilt und wünschte mir fast, ich hätte die Tage zuvor schon mehr davon erlebt.

Da ich die Keio-Linie mittlerweile etwas kenne, steige ich nicht in Shinjuku, sondern in Sasazuka aus. Von dort aus komme ich zu Fuß relativ komfortabel zurück zu meinem Airbnb und habe noch ein bisschen was zu tun. Denn bei all den Ereignissen des Tages, stand ich doch die meiste Zeit an einem Ort und habe gewartet. Also tat ein bisschen Bewegung dann doch gut.

Wochenende: Entspannung

Nach dem ereignisreichen Freitag, war das Wochenende selbst dann aber mal eine angenehme Entspannung. Am Samstag nutzte ich das noch gute Wetter für ein bisschen Bewegung und ging nach Shinjuku, wo ich mir mal wieder chinesisches Essen der Sichuan-Küche gönnte – im selben Restaurant, wo ich bereits vor meinem Dungeons & Dragons-Kinobesuch war.

Danach wollte ich eigentlich mal im Shinjuku Gyoen-Park vorbeischauen. Aber der Andrang war so groß, dass ich jetzt nicht extra zahlen wollte für einen Park der am Ende dennoch überlaufen ist. Stattdessen machte ich mich zu Fuß erst auf den Weg nach Nakano und von dort zurück nach Hause. Insgesamt kam ich so immerhin auf 20.000 Schritte bei gutem, wenn auch extrem windigem Wetter. Das hält in Tokyo übrigens niemanden davon ab, mit dem Rad unterwegs zu sein. Aber vermutlich sind sie es in der Bucht gewöhnt, dass es ab und an mal ein „büschn Wind“ gibt.

Am Abend ging ich dann mal meine Streaming-Dienste durch und kam zur Erkenntnis, dass mir Amazon Prime und Disney Plus aktuell am liebsten sind. Netflix und WowTV blockierten mein VPN dummerweise. Doch während mir auf Netflix theoretisch der japanische Content zur Verfügung stand, weigerte sich WowTV, überhaupt außerhalb des deutschsprachigen Raumes Zugang zu gewähren. Das ist nicht die Art, wie man sich treue Kunden verschafft, wenn sie ihr Abo im Ausland nicht wirklich wahrnehmen können.

Ich entdeckte aber immerhin, dass Sword Art Online auch auf Amazon Prime verfügbar ist und entschied mich da mal wieder einen Run zu starten. Immerhin habe ich ja schon meine ersten Figuren vom Anime gekauft. Mit einem verregneten Sonntag, an dem sonst nicht viel anzufangen war, kam ich am Wochenende auch schon mit dem ersten Story-Arc durch.

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