Tag 3: Zu Fuß nach Shinjuku

Tag 3: Zu Fuß nach Shinjuku

Hab ich euch nicht gewarnt, dass das Thema „zu Fuß“ bei mir nochmal aufkommen wird? Tatsächlich ist es sogar direkt im nächsten Tagebuch-Eintrag der Fall. Nach der beschwerlichen Anreise und des gleich schon vollgepackten ersten Tag, dachte ich mir, dass ein entspannter Tag folgen sollte. So vollkommen entspannt sollte aber auch dieser nicht werden.

Im Prinzip ist es von meinem Airbnb nach Shinjuku nicht weit. Zu Fuß sagt mir Google Maps, es wären nur 46 Minuten. Erfahrungsgemäß bedeutet das, dass ich es in weniger Zeit schaffe. Aber Japan ist neu für mich und faszinierend. Außerdem habe ich sowohl ein Smartphone für Schnappschüsse, als auch eine Vlogging-Kamera dabei, die immer mal wieder aus der Tasche geholt werden wollen. Kurzum: Die 46 Minuten schaffe ich irgendwie nicht so ganz – macht aber nichts.

Zunächst geht es auf fast schon bekannten Pfaden. Ich gehe quasi den Weg bis zur nächste U-Bahn-Station, gehe die Straße aber noch einige Zeit weiter. Es ist eine gute Möglichkeit, sich langsam an die Eigenheit japanischer Straßen zu gewöhnen. Damit meine ich nicht nur den links verkehr, sondern auch das Japaner oft eher links gehen und in den Wohngegenden der Fußweg oft quasi auf den sehr engen Straßen verläuft, auf der sich oft nur so gerade zwei Autos aneinander vorbeischlängeln können. Auch wenn ich generell die Fußwege in der deutschen Heimat bevorzuge, hat es irgendwie auch etwas sehr gemütliches und prägt das Bild der japanischen Nachbarschaften.

In der Ferne sehe ich schon bald die gigantischen Wolkenkratzer von Shinjukus Büroviertel. Es liegt mehr oder weniger auf dem Weg zur Shinjuku Station und sieht aus der Ferne schon beeindruckend aus, während man selbst durchs Wohnviertel mit sehr überschaubaren Häuserhöhen stapft. Eigentlich hatte ich vor die Wolkenkratzer direkt anzusteuern, aber irgendwie verlor ich mich dann doch in den etwas gewundeneren Gassen dazwischen. In einer dieser Gassen entdeckte ich sogar unerwartet einen hübschen kleinen Schrein, in dem es sich gleich mehrere kleine Vögel gemütlich gemacht hatten. Leider war ich nicht rechtzeitig mit der Kamera, um davon ein gutes Bild zu machen.

Ein kleiner Schrein inmitten eines Wohngebiets in Tokyo
Und plötzlich war da ein kleiner Schrein. Nur von den vielen Vögeln sind fürs Foto leider nicht so viele geblieben.

Abstecher in den Park

Als ich aus den Gassen rauskam, stand ich auch quasi schon im Zentralpark Shinjuku (nicht zu verwechseln mit dem größeren Shinjuku Gyoen). Auch der hatte natürlich erst einmal Vorrang, sah er schon von außen recht einladend aus. Innendrin wurde er aber noch einladender

Der Weg führte mich recht schnell an einen größeren Platz der etwas weiter unten gelegen war, der einen plätschernden Wasserfall hatte. Angelockt hatte mich aber tatsächlich ein Dudelsack. Ich bin großer Fan von Mittelaltermusik und der Klang des vertrauten Instrumentes hat mich gleichsam verblüfft als auch sofort an der Angel gehabt. Schließlich geht man nach Japan um einen Dudelsackspieler zu sehen.

Tatsächlich fand ich ihn auch, auch wenn das Publikum leider wenig existent war. Er spielte auch nicht mehr lange, nachdem ich ihn entdeckte. Am  kleinen Wassefall hörte ich dann aber weitere Klänge. Ein Mann in Anzug, vermutlich gerade in seiner Mittagspause – spielte selig auf einer Okarina, vereint mit dem Rauschen des Wassers. Auch hier gab es eigentlich niemanden der ihm direkt zuschaute, aber irgendwie hatte es auch was, dass er ungestört für sich auf der Tonflöte spielen konnte, ohne dabei zum Blickfang zu werden.

Auch ich riss mich los, um den Park weiter zu erkunden. Da waren Kirschbäume unter denen einige Gruppen ihre Decken ausgebreitet haben, um Hanami zu zelebrieren. Aber da war auch ein hübscher Hügel den ich natürlich hochgegangen bin. Insgesamt war der Park jetzt nicht groß, aber er hatte was wirklich gemütliches und war obendrein noch kostenlos – was nicht für alle Parks in Tokyo gilt.

Der Zentralpark Shinjuku mit in der Blüte befindlichen Kirschbäumen
Ein hübscher Anblick. Nicht nur wegen der Kirschblüte war der Park einen Besuch wert.

Die Wolkenkratzer

Nach dem Park war ich endlich da, wo ich zunächst hinwollte: Die Wolkenkratzer. Die Biester sind wirklich verdammt hoch, müssen aber glaube ich schon aus baurechtlichen Gründen einen entsprechend größeren Abstand halten.

Das kommt den Gebäuden aber eigentlich ganz gut, weil es so nicht nur ein paar schöner Fußgängerwege entlang der Gebäude gibt, sondern tatsächlich auch ein bisschen auflockerndes Grün. Ein Hochhaus hatte sogar einen größeren eingesunkenen Platz. Damit bekommt jedes dieser großen Ungetüme auch wieder einen eigenen Charakter und auch die hohen Gebäude laden damit durchaus zum „Sightseeing“ ein.

Angekommen an der Shinjuku Station

Dennoch ging mein Weg weiter und ich kam im Bereich der Shinkuku Station an. Die Bahnstation selbst soll aber ein anderes Mal drankommen. Die Station ist so gigantisch, dass es sich insbesondere für einen etwas regnerischen Tag eignen könnte, sich in aller Ruhe dort zu verlaufen. Es ging mir eher darum, einfach mal die Vibes aufzusaugen.

Was mir in Shinjuku sofort auffiel: Der Lärmpegel. Insgesamt ist in Tokyo trotz der immensen Größe vieles leise. In Shinjuku spielt hier und dort Musik und es fahren sogar kleine Lastwagen, die offenbar für Idol-Gruppen werben und aus dessen Lautsprechern die entsprechende Musik erklingt. Beim ersten Mal fand ichs einen lustigen Zufall, beim zweiten Mal glaubte ich, es wäre wieder der selbe Laster – und beim dritten Mal checkte ich, dass es in Shinjuku nichts ungewöhnliches ist.

Auch wurde ich in Shinjuku erstmals zum Gachapon-Opfer. Gachapon sind Automaten, in die man Geld reinwirft und eine zufällige Figur oder etwas ähnliches von einer bestimmten Serie oder einem bestimmten Thema bekommt. Das kann alles sein von populären Serien bis hin zu Gemüse-Replikationen oder kleinen Verkehrschildern. Ich wurde schwach bei einem Automaten der Kinderserie Hamtaro, die ich damals geliebt habe. So gingen die ersten 300 Gachapon-Yen an einen neuen Hamster.

Mehrere Gachapon-Automaten in Shinjuku
Gachapon-Automaten zielen auf unser niedersten Instinkte ab – bei mir mit Erfolg.

Wenn ich schonmal ein Shinjuku war, suchte ich außerdem einen Uniqlo auf, der bekannt ist für relativ günstige Standardkleidung. Schließlich war mein Koffer noch immer nicht wieder aufgekreuzt und ich brauche frische Wäsche. Google Maps sei Dank wurde ich fündig und zwar im 12. Stock des Takashimaya Times Square, einem wirklich gigantischen Kaufhaus, das an sich schon eine Erfahrung ist.

Ich wurde schnell fündig. Gleich am Eingang zog mich bereits ein Attack on Titan-Shirt in den Bann – mit Merch hätte ich hier weniger gerechnet. Da ich ja neue Kleidung brauchte, musste ich es also „leider“ kaufen. Bei den Socken war ich erstaunt, dass sie nur quasi eine Japan-Einheitsgröße hatten. Darum kaufte ich davon nur ein paar – sie passten später aber überraschend gut an meine großen Füße.

Anschließend ging es wieder auf den Rückweg – natürlich nicht ohne den ein oder anderen Schlenker. Bei der Gelegenheit merkte ich mir außerdem ein Restaurant mit sehr interessantem Namen vor.

Werbung für ein Restaurant mit dem sinnlichen Namen "Eggslut".
Der Restaurant-Name “Eggslut” mag zwar etwas gewöhnungsbedürftig sein, aber der Maple Teriyaki sieht schon lecker aus

Anrufe in die Heimat & CoCo Ichibanya

Auch beim Rückweg ließ ich mir natürlich den Weg über den Park nicht entgehen. Diesmal war er dann doch deutlich leerer gewesen, auch wenn zumindest unter den Kirschbäumen noch gut etwas los war.

Es macht schon irgendwie Spaß zu sehen wie die Japaner untereinander kommunizieren. Durch die rosarote Besucherbrille sieht das so angenehm friedvoll und dennoch ausgelassen aus. Die Kinder hatten sogar Spaß ganz ohne digitale Geräte – schreibt der Herr, der gerade ein Sammelsorium an digitalen Geräten auf dem Tisch vor sich ausgebreitet hat.

Ein bisschen durften sich meine Füße nach dem Trip dann erholen. Ich nutzte die Zeit für erste Internettelefonie mit der Familie. Ich habe sie zwar stets auf dem laufenden gehalten, aber so wussten sie dann auch, dass es mir wirklich gut geht. Und ich hatte ja doch schon einiges zu erzählen in der kurzen ersten Zeit.

Ein Teller japanisches Curry vom CoCo Ichibanya
Große Portionen und bis zum Schärfegrad anpassbar: CoCo Ichibanya ist eine beliebte Fastfood-Kette in Japan.

Abends ging es dann zum Abendessen endlich zum CoCo Ichibanya, einer Fastfood-Kette für japanisches Curry. Darauf hatte ich mich schon vor der Reise gefreut, in der Hoffnung, dass es hier mein „Comfort-Food“ werden könnte. Vor allem weil es noch relativ preiswert ist. Ich wurde nicht enttäuscht und hatte eine sehr sättigende und leckere Portion, die bereits beim Schärfegrad 3 von 10 mächtig Dampf unterm Kessel hatte. Hier werde ich garantiert öfter essen.

Interessant: Da ich in einer normalen Wohngegend unterkomme ist hier mit englisch nicht so viel zu erreichen und mein japanisch ist so geringfügig, dass es zerbröselt, sobald ich irgendwas gefragt werde. Dennoch verständigt man sich schon irgendwie und gerade bei Restaurants gibt es auch Karten auf denen man zeigen kann, was man möchte. Bislang bekam ich immer was ich wollte.

Schrittzahl: 31.814

Übrigens: In Japan habe ich irgendwie auch spät abends oder nachts keine Angst durch jede noch so enge Gasse zu gehen. Man fühlt sich einfach sicher. Ich hoffe nur, dass es den Japanern nicht anders entgeht, wenn ihnen auf einmal ein großer “Gaijin” (Ausländer) entgegenkommt.

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