Tag 2: Penis-Fest in Kawasaki und Sakura in Nakameguro

Tag 2: Penis-Fest in Kawasaki und Sakura in Nakameguro

Nach dem Anreisemarathon war die Nacht nur eine sehr kurze. Denn meine ursprüngliche Planung für den Sonntag wollte ich unbedingt beibehalten. In Kawasaki findet nämlich jedes Jahr zu dieser Zeit das Kanamara Matsuri statt. Weltweit ist das Fest beim Kanayama Jinja-Schrein eher als das „Penis-Festival“ bekannt. Warum? Na weil dort alles einen Penisbezug hat und sogar mehrere Mikoshi (von Menschen getragene Schreine) in einer kleinen Parade durch die Straßen getragen werden.

Ich war zugegeben ein bisschen spät dran, vor allem für die kleinen Zeremonien, die bereits am Morgen beginnen. Der Wecker klingelte um 7 Uhr und ich holte mir erst noch mein erstes Konbini-Frühstück beim Lawson. Japanische Sandwiches sind einfach etwas ganz anderes als das, was wir bekommen. Das liegt zum einen daran, dass die Japaner keine Brotränder mögen und man so quasi nur das weiche innere bekommt, zum anderen aber dass sie einfach auch wirklich frisch und gut belegt schmecken.

Auch die Fahrt lief diesmal nicht ganz so reibungslos. Die etwas weiter fahrenden Züge siind nicht ganz so eindeutig benannt und ich musste mir da erst angewöhnen einfach mehr nach dem Zielbahnhof zu schauen. Trotzdem kam ich noch gut und rechtzeitig an – wäre da nicht eine riesengroße Schlange, die erst vom Bahnhof weg, dann wieder zurück und dann zum Schrein führte.

Bemerkenswert ist, wie alle paar Meter ein Polizist oder so stand, der such Gassen bilden ließ, wenn irgendwo ein Auto durch musste. Für mich ganz angenehm war, dass an der Schlange natürlich auch irgendwann ein Getränkeautomat stand, an dem ich mir eine kleine Erfrischung gönnen konnte.

Irgendwann kam ich dann auch tatsächlich am Schrein an. All zu viel gab es dort allerdings tatsächlich nicht zu tun. Es war ein ziemlich kleiner Schrein, aber auf dem Gelände gab es Trommler und allerlei Süßigkeiten in Penisform zu kaufen. Auch ich habe mir den Spaß nicht nehmen lassen und mir für 1.100 Yen (7,58 Euro) Penisse gekauft. Schon sehr teuer für ein paar Lutscher, aber die gibt es ja wirklich nicht jeden Tag.

Aber nochmal als kleiner Exkurs: Ursprünglich beteten Sexarbeiterinnen bei diesem Fest dafür, keine Geschlechtskrankheiten zu bekommen. Da die innewohnenden Götter des Kanayama-Schreins Götter der Schmiedekunst sind, betete man ebenso auch für eine leichte Geburt oder einen starken Ehebund. Mittlerweile ist das Fest aber auch bei der LGBTQ+ Community ein ganz großes Event. Ein bisschen Christopher Street Day mit mehr religiöser Tradition.

Ein bisschen Ernüchterung

Den Start der Parade hatte ich leider verpasst, weil ich da gerade aufs Schreingelände kam. Leider ließ sich nirgends erahnen, wohin der Festzug ist. Auf den Straßen herrschte überraschend schnell der gewohnte Verkehr. Ich wusste aber, dass es 2-3 Stunden dauern sollte und zumindest der Haupt-Mikoshi wieder zurückkehren sollte. Ich nutzte erstmal die Zeit mich etwas umzuschauen und entdeckte recht bald den Heiken-Ji-Tempel. Dieser war gut besucht und bot zahlreiche Essensstände, von denen ein paar einzelne wohl auch noch das Penis-Thema aufgriffen. Der Tempel bot sich außerdem für ein paar sehr schöne Fotos an. In der Nähe des Tempels verlief außerdem auch eine Einkaufsstraße mit traditionellem Flair, die sehr interessant wenn auch sehr voll war.

Zwischendurch hörte ich mal ein paar deutsche Gesprächsfetzen und nutzte die Gelegenheit zu fragen, ob sie die Parade gesehen hätte. Sie konnten mir zumindest die ungefähre Richtung nennen und meine Erkundungen in Kawasaki bekamen damit ein neues Ziel.

Es dauerte nicht lange, da kam ich am Daishi-Park an, ganz offensichtlich mein eigentliches Ziel. Hier war richtig Trubel mit reichlich Ständen UND: Den Mikoshi. Wobei es effektiv nur zwei waren. Zum einen den vom Kanayama Jinja, der einen hölzernen Phallus beherbegte, zum anderen ein auffällig rosaner Penis, der Elizabeth Mikoshi, der vom Crossdressing-Club Elizabeth Kaikan gesponsort wurde.

Es war allgemein eine tolle Stimmung vor Ort, zugleich aber auch ein bisschen absurd. Da waren jung und alt, Ausländer und Locals, die ganz normal an ihren Penissen lutschten. Daneben herrschte aber auch das ganz normale Parktreiben mit Familien auf den Spielplätzen oder unter den Kirschbäumen, die gemütlich Hanami begingen. Und es wirkte als wäre es das normalste der Welt – herrlich!

Der Schrein kehrt zurück

Irgendwann machte sich zumindest der klassische Schrein dann auf den Rückweg. Mit einem kleineren Phallusschrein vorweg und einigen offiziellen, schön kostümierten Gestalten danach folgte dann auch der große Mikoshi, getragen von mehreren Personen.

Immer wieder gab es vom vermutlichen Zeremonienmeister Anfeuerungen für die Schreinträger, die aber zugegeben gegen Ende der Reise etwas schwächer wurden. Aber der gute Mann war auch schon ein bisschen betagter und die Stimme hat sicher schon viel am Tag mitmachen müssen. Etwas schade fand ich, dass nur der eine Schrein seinen Weg zurück machte, trotzdem habe ich es genossen und kürzte am Ende auch mal ab, um die Rückkehr zum Ausgangsschrein nochmal richtig mitzubekommen.

Trotzdem dachte ich, es wäre vielleicht ein bisschen mehr Event drumrum, da das Fest an sich international zumindest sehr bekannt ist und auch viele Menschen angezogen hat. Doch auch das kleine Subkultur-Feeling im Park hatte echt seinen Charme gehabt.

Auf nach Nakameguro!

Wie ich mit Freuden schon festgestellt habe, ist mir trotz der frühen Kirschblüte dieses Jahr, noch immer einiges an Kirschblüten für mich übrig geblieben. Vielleicht habe ich da etwas vom schlechten Wetter in der Zeit vor meiner Ankunft profitiert.

Jedenfalls wusste ich, dass Nakameguro ein äußerst beliebter Spot ist, um sich der Sakura zu erfreuen. Entlang des Flusses Meguro stehen nämlich unzählige Kirschbäume, die man sowohl bei Tag, als auch bei Nacht bewundern kann. Zum Glück war Nakameguro fast an der Strecke, die ich auch beim Hinweg nach Kawasaki nahm. Da mich Google Maps in einen Bus steigen lassen wollte, schaute ich einfach, ob sich nicht auf dem Weg eine Alternative U-Bahnstation finden ließ, von der aus es auch zu Fuß geht – das Thema „zu Fuß“ wird euch wohl noch eher begegnen, versprochen – ich wurde fündig und kam auch schon bald am Meguro-gawa an.

Der Anblick war schon sehr schön. Von mehreren Brücken, die auch rappelvoll mit Fotowütigen Locals und Touristen waren, hatte man einen tollen Blick auf den Meguro, dessen Bäume noch immer im schönen rosa erstrahlten, aber auch schon einiges von ihrem Kleid abgeworfen haben. Die schwimmenden Blüten im Wasser haben aber ebenso ihren Charme.

Auf dem Meguro-Fluss fährt ein Boot. am Rande des Flusses stehen zahlreiche Kirschbäume, die ihre Blüten teils bereits in den Fluss abwerfen.
Schon der erste Blick auf den Meguro-gawa war majestätisch. Zu dem Zeitpunkt wusste ich aber nicht, dass das eigentliche Fest noch auf mich wartet.

Das richtige Nakameguro-Fest

Auch wenn ich keine Lampen erkennen konnte wusste ich, dass die Bäume in der Nacht beleuchtet sind. Das wollte ich schon gerne sehen und ich wusste, dass es in Japan zu jeder Jahreszeit recht früh dunkel wird. Also entschloss ich mich erstmals eine Gyudon-Kette aufzusuchen (Sukiya), um mir ein schön günstiges, aber füllendes Schüsselchen Reis mit dünngeschnittenem Rindfleisch und Zwiebeln. Für 400 Yen (2,80€) in der Standardausführung bekommt man so eine gute Mahlzeit fürs kleine Geld – Eat like a Local!

Danach stromerte ich noch ein bisschen am Fluss entlang. Zum Glück entschied ich mich für die richtige Richtung. Denn der eigentliche Hotspot beginnt dort, wo der Meguro etwas enger wird. DORT gab es dann nämlich tatsächlich sichtbare Strahler in Richtung der Bäume, sowie Laternen entlang einer sehr langen Strecke des Flusses. Die Wege entlang des Flusses waren außerdem gerappelt voll mit Menschen, die genossen, dass erstmals auch wieder Stände zum Fest zugelassen worden.

Straße entlang des Meguro-Flusses während der Kirschblüte. Zahlreiche Menschen sind in den Straßen und entlang des Flusses sind Laternengirlanden angebracht.
Dort wo sich der Fluss verjüngt, beginnt das eigentliche Sakura-Fest in Nakameguro. die Straßen sind voller Menschen.

Schon bei Tageslicht war das eine tolle Stimmung. Ich bin als Hamburger kein großer DOM-Gänger, aber hier habe ich die Menschenmassen und das ganze drumrum echt genossen. Das liegt auch daran, dass in Japan alles irgendwie geordneter und entspannter wirkt, egal wie brechend voll es eigentlich ist.

Ich nahm einmal den ganzen Weg auf beiden Seiten und ging sogar wieder ein bisschen aus dem Festbereich raus, um schließlich bei fast vollständiger Dunkelheit um 18:30 erneut die Festmeile zu betreten. Es war einfach unglaublich schön. Klar, es gibt entspanntere Möglichkeiten, die Kirschblüten zu genießen, aber die bestrahlten Bäume und die Spiegelungen im Fluss waren für mich das eigentlich Highlight des Tages.

Allein die Stände selbst konnten mich nicht immer überzeugen. Hier hätte ich mir mehr klassisches Essen gewünscht. Trotzdem haben mir aber auch die frittierten koreanischen Käsebällchen geschmeckt, auch wenn ich einen etwas anderen Käsegeschmack erwartet hätte. Aber andere Länder, anderer Käse.

Ich habe auch noch das ein oder andere schöne Foto geschossen, bevor es dann doch langsam Zeit wurde heimzukehren. Ich bin froh, dass ich das Kanamara Matsuri doch noch mitnehmen konnte und zudem sogar noch Sakura in solcher Pracht sehen durfte. Zum Glück hatte ich absolut keinen Jetlag und konnte den Tag entsprechend von der ersten Stunde richtig genießen.

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